Hameln braucht moderne Lösungen – warum eine 24-Stunden-Kita mehr als ein Symbol ist
Morgen bringe ich gemeinsam mit der Mehrheitsgruppe im Ausschuss für Familie, Kita, Schule und Sport einen Antrag ein, der ein deutliches Zeichen setzt: Für mehr Gerechtigkeit, für mehr Flexibilität – und für eine Stadt, die sich weiterentwickeln will.
Es geht um die Einführung einer 24-Stunden-Kita in städtischer Trägerschaft. Und bevor Missverständnisse entstehen: Nein, es geht dabei nicht darum, dass Kinder rund um die Uhr betreut werden. Es geht um ein ergänzendes Angebot, das dann zur Verfügung steht, wenn klassische Öffnungszeiten nicht ausreichen. Eine Kita, die auch abends, nachts oder frühmorgens Betreuung ermöglichen kann – dort, wo es gebraucht wird.
Die Realität vieler Familien ist längst weiter als unser System.
Pflegekräfte, Polizistinnen, Produktionsmitarbeiter, alleinerziehende Mütter und Väter: Viele Menschen in Hameln arbeiten in Schichtsystemen. Für sie gibt es oft keine Betreuungsmöglichkeit – und damit auch keine echte Wahlfreiheit. Wer keine Kinderbetreuung bekommt, muss beruflich kürzertreten oder gerät in existenzielle Schwierigkeiten. Genau das wollen wir ändern.
Wir greifen mit dem Antrag einen Prüfauftrag aus dem Jahr 2017 auf – aber wir sagen klar: Es darf nicht bei Prüfungen bleiben. Es ist Zeit zu handeln.
Ein oft gehörtes Argument lautet: „Es gibt doch gar keinen Bedarf.“
Meine Antwort: Wie soll ein Bedarf sichtbar sein, wenn es das Angebot gar nicht gibt? Viele Eltern gewöhnen sich daran, dass bestimmte Hilfeleistungen „sowieso nicht möglich“ sind – und fragen sie gar nicht erst nach. Bedarf entsteht nicht im Formular, sondern im Alltag.
Darüber hinaus denken wir in unserem Antrag weiter:
Eine 24-Stunden-Kita kann auch im Notfall einspringen, wenn andere Einrichtungen wegen Krankheit oder Personalmangel kurzfristig schließen müssen. Sie kann der Anker sein, der unser gesamtes Betreuungssystem absichert. Auch das ist ein wichtiger Gedanke für mehr Verlässlichkeit.
Nicht zuletzt ist eine solche Einrichtung ein Standortfaktor für Hameln: Familienfreundlichkeit ist Wirtschaftsfaktor. Und moderne Arbeitszeitmodelle könnten auch im Erzieher:innenberuf neue Chancen schaffen – für Menschen, die lieber in Randzeiten arbeiten oder keine klassischen Vollzeitmodelle bedienen können. Auch das gehört zur Wahrheit: Der Fachkräftemangel braucht kreative Antworten.
Natürlich höre ich auch immer wieder den Satz: „Der Staat soll nicht die Kinder erziehen.“ Und ich sage: Das tut er auch nicht. Wir schaffen lediglich eine freiwillige Möglichkeit, wenn Familien sie brauchen. Es geht um Unterstützung, nicht um Ersatz. Eltern entscheiden selbst – wir bieten nur die Rahmenbedingungen.
Ich bin überzeugt: Eine 24-Stunden-Kita ist gelebte sozialdemokratische Familienpolitik. Sie sieht nicht nur die Norm, sondern auch die Ausnahmen. Sie hilft, wo Hilfe gebraucht wird. Und sie sagt nicht: „Das haben wir immer so gemacht“, sondern fragt: Was brauchen die Menschen heute?
Euer
Steffen Knippertz
SPD – Stellv. Fraktionsvorsitzender & Sprecher im Ausschuss Familie, Kita, Schule, Sport